04.06.2016: TSV Langenlonsheim-Laubenheim - Spätlesen 0:2

Spätlesen = reifer als reif

Die Vorfreude und Anspannung war dem Team deutlich anzumerken. Sollte es doch die weiteste Mannschaftsfahrt werden und in eine der ältesten Kulturlandschaften Deutschlands gehen, nach Laubenheim, fünf Kilometer südlich von Bingen am Rhein. Die malerische Gemeinde an der Nahe mit ihren 900 Einwohnern kann auf eine Siedlungsgeschichte zurückblicken, die in die Steinzeit zurückreicht, und auf den Weinanbau seit den Römerzeiten. Aber auch das Elternhaus unseres Spätlesen-Urgesteins Reinhold steht hier und so war es eine Reise „back to the roots“ an seine alten Wirkungsstätten – samt Schulweg, Tischtennis- und Fußball-Wettkampfarenen.

Butte, der Vollstrecker

Entsprechend generalstabsmäßig und professionell – fast wie bei der Nationalmannschaft – gestaltete sich die Vorbereitungsphase, in der viele involviert waren. Eigens am Vorabend der Reise hatte der Capitano noch ein Testspiel organisiert, bei dem die Spätlesen ihr Spielsystem und die Laufwege perfektionieren wollten. Auf den überragenden Akteur des Abends, Geburtstagskind Butte, der mit seinen drei Toren das 2:2-Unentschieden im Spiel gegen „Ralf and friends“ quasi im Alleingang sicherstellte, mussten die Spätlesen beim Gastauftritt an der Nahe aber familienfeierbedingt verzichten. Wer weiß, was ansonsten alles möglich gewesen wäre. Die nächtliche Spielanalyse und Nachbereitung in Ralfs Garten fiel entsprechend ausführlich und nahrhaft aus, so dass mancher der Bildungsreisenden sich frühmorgens höchstens halbausgeschlafen am Hauptbahnhof Falkensee einfand.

Reinhold, der Heimatführer

Die Fahrt im ICE nach Frankfurt nutzte Reinhold, um uns und die anderen Gäste des Großraumabteils eindringlich und akustisch verständlich aus der Chronik Laubenheims vorzulesen. Mucksmäuschenstill wurde es, als die Rede auf die Schlacht von Laubenheim 1795 kam. Mancher dachte, dieses Ereignis stünde ja erst am nächsten Tag auf dem Platz an. Aber die Geschichtsstunde sollte sich am nächsten Tag noch auszahlen. Angekommen in Bingen rückten erst einmal die Regenwolken in den Mittelpunkt. War es nicht in Falkensee so schön sonnig? Aber der Blick aus der Jugendherberge in Bingen auf den Rhein und die Weinberge machten das Heimweh sofort vergessen. Da machte es auch nichts, dass der erste Erkundungsspaziergang in einer Regendusche und anschließender Wind-Trocknung im Paulaner-Biergarten endete. Im Gegenteil: Von da an ging es wettermäßig und lauftechnisch bergauf. Nach der Erkundung Bingens wechselten wir die Rheinseite und das Bundesland. Von Rheinland-Pfalz ging es über den wilden Rhein nach Hessen. In Rüdesheim widmeten wir uns aber nur kurz der bekannten Drosselgasse (zu touristisch), um dann zielstrebig dem Niederwalddenkmal mit der bronzenen Germania-Statue unsere Aufwartung zu machen. Sie wacht hoch über dem Rhein und zählt zum UNESCO-Weltkulturerbe. Ein Muss für uns. Dank des Sessellifts nach oben konnten wir die Kräfte für die Rückwanderung durch die Weinberge bündeln. Zurück ging es wieder mit der Fähre nach Bingen. Dort warteten sofort weitere Highlights: Burg Klopp (nicht verwandt und verschwägert), die heilige Hildegard von Bingen und Reinholds Schulweg zur Penne. Nach diesem Ritt durch so viel Kultur und Geschichte fielen wir dann beim Gaggianer ein, einem urgemütlichen Restaurant in der Innenstadt, wo uns Himmel und Erde kredenzt wurden und so manch andere Leckerei. Aber das Wichtigste: Wie es sich für richtige Sportler gehört, lagen wir alle 22.30 Uhr im Bett (kein Witz!). War wohl doch anstrengend gewesen, die Vorbereitung.

In der Ruhe liegt die Kraft

Top vorbereitet, sehnten wir uns am Samstag zur Spielvorbereitung zunächst nach einem ruhigen Frühstück in der Jugendherberge, trafen aber auf 60 junggebliebene Stepptänzer (clogger), die dort ihr Trainingslager aufgeschlagen hatten, um sich auf die ECTA-Convention Ende August in Bad Kreuznach einzutanzen. Die konnten nicht nur laut tanzen, sondern noch lauter frühstücken. Fast hätten wir uns angeschlossen und die Sportart gewechselt, wenn nicht gerade rechtzeitig die Laubenheimer Kicker noch gekommen wären, um uns für den sportlichen Wettstreit auf dem Platz abzuholen. Der TSV Langenlonsheim/Laubenheim empfing uns auf seiner schönen vereinseigenen Sportanlage mit Rasen- und Kunstrasenplatz sowie einem Käfig, und mit Pink Flyods „Another brick in the wall“. Das war natürlich für uns Ansporn, das Loch in der gegnerischen Abwehr zu suchen und zu finden. Zudem hatte Klaus vor dem Spiel Magnesium und Traubenzucker verteilt. Über deren Wirkung  können aber noch keine genauen wissenschaftlichen Angaben gemacht werden. Das Ergebnis der Dopingprobe steht auch noch aus. Vielleicht versetzt der Glaube schon Berge.

Reinhold, das Kopfballungeheuer

Zu Beginn des Spiels tasteten sich beide Teams vorsichtig ab. Dann kamen wir besser ins Spiel, ließen den Ball gut laufen und erarbeiteten uns einige Ecken. Eine davon brachte Uwe von der rechten Seite mustergültig in die Mitte, wo, man glaubt es kaum, Reinhold am höchsten stieg und per Kopf zur Führung einnetzte. Danach entwickelte sich ein ausgeglichenes Spiel mit Chancen auf beiden Seiten. Die Spätlesen hatten Pech bei einigen Weitschüssen, aber auch Glück bei einem Pfostentreffer der TSV-Senioren. Zudem vereitelte Thomas im Tor eine weitere gute Torgelegenheit der Gastgeber.  Nach dem Seitenwechsel hatten wir dann weitere Einschusschancen: die beste durch Sven, dessen Schuss nach einem Abspielfehler der TSV-Abwehr knapp vorbeiging. Ein Schuss von Indi landete auf der Latte und auch Reinhold hätte in die Vereinschroniken eingehen können, als er aus dem Mittelfeld bedient wurde, aber am Torhüter scheiterte. So kam es, dass die Gastgeber Morgenluft witterten und Druck machten. Sie schnürten uns in der eigenen Hälfte ein und hatten vor allem nach Standards auch einige Gelegenheiten, die aber zum Glück für uns nicht zu einem Torerfolg führten. Ein Unentschieden wäre zu dem Zeitpunkt durchaus gerecht gewesen. Als alle dachten, dass es bei dem einen entscheidenden Tor bleiben würde, fiel eine Minute vor Schluss dann doch noch die endgültige Entscheidung: Uwe hob den Ball technisch perfekt von der linken Strafraumkante über den herausstürmenden Torwart hinweg zum 2:0 Endstand ins Tor. Ein letztlich verdienter Sieg in einem sehr freundschaftlich und foulfrei geführten Spiel.

Laubenheimer Gastfreundschaft

Die Gastfreundschaft setzte sich dann unmittelbar nach Spielende fort - zunächst bei der Spielanalyse bei Wurst und Bier, dann bei der gemeinsamen Weinprobe in der Naheblickhalle und dem Saugrillen auf der Vereinsanlage, das bis spät in der Nacht andauerte. Ein rundum gelungener Tag, für den wir dem TSV, allen Mitspielern und vor allem Holger Ebert danken, der das Sportevent koordiniert hat. Holger ist übrigens der frühere Tischtennispartner von Reinhold. Wie berichtet wurde, ist der Tischtennisklub kürzlich sogar aufgestiegen. Glückwunsch auch dazu. In der Naheblickhalle, wo wir dem Wein zusprachen, standen auch noch die Tischtennisplatten. Zum Einsatz kamen sie an diesem Tag aber (leider) nicht.

Dafür fehlte auch die Zeit. Denn dass der Tag so kurzweilig war, dafür sorgte auch die Weinprobe des Weingutes Häußling. Der Chef des Hauses, Johannes Häußling, der gleichzeitig Bürgermeister von Laubenheim ist, präsentierte uns weiße und rote Sekte und Weine aus ökologischem Anbau und konnte dazu auch so manches Wissenswerte erzählen. Das Wichtigste: Spätlese bedeutet im Verständnis der Winzer „Reifer als reif“. Da fühlen wir uns gut getroffen. Einziger Wermutstropfen: Es gibt noch was edleres, die „Auslese“. Sei´s drum, es waren tolle Weine. Und so manche Kiste wird demnächst nach Falkensee geliefert. Und der Traum eines eigenen Weinbergs hier in Falkensee darf natürlich noch weiterleben. Als Rebsorte kommt natürlich nur der Graue Burgunder in Betracht.

Und weil wir uns natürlich erneut auf eine Bildungsreise begeben hatten, hatte Reinhold dem Weinbauer mit Günter Hofmeister einen Historiker zur Seite gestellt, der uns noch einmal auf den Streifzug durch die Laubenheimer Geschichte mitnahm. Da wir am Vortag im Zug gut aufgepasst hatten, konnten wir so manche Frage beantworten. Unter anderem, dass vor uns auch schon Napoleon vor Ort weilte. Danke an die Beteiligten für die gute Bewirtung und Unterhaltung. Unsere Spätlesenwimpel werden hoffentlich einen Ehrenplatz bekommen. Sind gespannt, ob die in 100 Jahren Erwähnung in der neuen Laubenheimer Chronik finden.

Wutz und Dreiklang

Zurück am Sportplatz bruzzelte schon die Sau (Wutz) am Spieß. Die war so gut, dass sogar das Spiel Deutschland-Ungarn zur Nebensache geriet. Gut gestärkt kletterten die Spätlesen stattdessen in den Käfig, um die Spiele der Jugend neu aufzulegen. Bei Bier, „Dreiklang“, einer Komposition aus Wein, Wasser und Sinalco und Gitarrenmusik nach Mitternacht klang der gesellige Abend beschwingt aus.

Dass die Rückfahrt besinnlich ablief, lag natürlich vor allem daran, dass wir uns schon auf die nächsten Ereignisse fokussieren – aufs nächste Training und den Beginn der EM. Wir wissen, dass vielen Dank gebührt für die schöne Klassenfahrt. Einige wurden schon erwähnt: Namentlich an dieser Stelle daher noch an unseren Reiseleiter Clemens, an Christiane für die logistische Unterstützung und die Hintergrundorganisation sowie last but not least den spiritus rector der Fahrt, Reinhold, alias Rheingold. Wir haben den Besuch in Deiner Heimat genossen. [CRe]

Mit dabei im Rhein- und Naheland: Reinhold, Thomas B, Christian Ro, Christian Re, Sven R, Uwe G, Klaus, Clemens, Robert, Patrick, André, Andreas D., Jens